Kommission verklagt Deutschland wegen diskriminierender Erbschaftsteuerregelungen

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland wegen seiner Erbschaft- und Schenkungsteuervorschriften beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Nach deutschem Recht wird nämlich für geerbte deutsche Vermögenswerte eine höhere Steuerbefreiung gewährt, wenn der
Erblasser oder der Erbe in Deutschland lebt, als wenn beide im Ausland leben.

Somit werden Gebietsfremde für in Deutschland belegene, geerbte Vermögenswerte höher besteuert als in Deutschland ansässige Personen. Eine solche Bestimmung könnte im Ausland lebende Personen davon abhalten, in Deutschland in Immobilien zu investieren. Nach Auffassung der Kommission ist diese Bestimmung diskriminierend und stellt eine ungerechtfertigte Beschränkung des in den Verträgen verankerten freien Kapitalverkehrs dar.

Die Klage vor dem EuGH ist die letzte Phase des Vertragsverletzungsverfahrens.

Nach Artikel 16 des deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wird im Inland Ansässigen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer je nach Verwandtschaftsgrad ein Freibetrag von bis zu EUR 500.000,00 gewährt, wogegen der Freibetrag nur EUR 2.000,00 beträgt, wenn weder der Erblasser noch der Erbe ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Der Gerichtshof befasste sich mit dem deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der Rechtssache Mattner (Urteil vom 22. April 2010, Rechtssache C-510/08) und kam im Zusammenhang mit diesem Fall zu dem Schluss, dass diese Bestimmung mit dem freien Kapitalverkehr unvereinbar ist. Nachdem die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben hatte, änderte Deutschland sein Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, so dass Gebietsfremde seit Dezember 2011 die Möglichkeit haben, in Deutschland auf Antrag für die Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Steueransässige behandelt zu werden. Nach Ansicht der Kommission wird die Vertragsverletzung durch diese Option jedoch nicht behoben.

Die Entscheidung des EuGH bleibt abzuwarten. Laufende Steuerverfahren sollten offen gehalten werden.