Nationale Maßnahmen gegen Steueroasen und Briefkastenfirmen

Die "Panama Papers" haben Wellen geschlagen. In den Medien und bei der Bundesregierung. Die Transparenz soll steigen oder anders betrachtet: ein weiterer Baustein zum gläsernen Steuerbürger.

Die Bundesregierung hat sehr schnell reagiert und ein Maßnahmenpaket für mehr Transparenz bei Briefkastenfirmen angekündigt. Bundesfinanzminister Schäuble hat eine Woche nach Bekanntwerden der Enthüllungen einen 10-Punkte-Aktionsplan gegen Steuerbetrug, trickreiche Steuervermeidung und Geldwäsche vorgelegt. Kurz darauf haben die sogenannten G5-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien) eine neue Initiative zum internationalen Informationsaustausch über wirtschaftlich Berechtigte von Unternehmen (beneficial owner) ins Leben gerufen.

Die Maßnahmen im Einzelnen
Ziel ist es, dass die Finanzverwaltung umfassende Informationen über die Geschäftsbeziehungen von deutschen Steuerpflichtigen mit Briefkastenfirmen in Steueroasen erhält und sie dafür mit neuen Ermittlungsbefugnissen auszustatten. Folgendes ist dabei geplant:

1. Erweiterte Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen

Die bereits bestehende Pflicht der Steuerzahler, den Erwerb einer Beteiligung mit einer gewissen Mindestbeteiligungsquote an einer ausländischen Kapitalgesellschaft dem Finanzamt mitzuteilen, soll nunmehr auf jegliche Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Unternehmen erweitert werden. Dabei soll vor allem auch der Umstand mitteilungspflichtig sein, dass der Steuerpflichtige auf ein ausländisches Unternehmen tatsächlich einen beherrschenden Einfluss ausübt. Damit sollen beispielsweise Treuhandverhältnisse oder ähnliche Vereinbarungen erfasst werden, in denen ein inländischer Steuerpflichtiger auch ohne formelle rechtliche Beteiligung ein ausländisches Unternehmen kontrolliert und dadurch wirtschaftlich Berechtigter sein kann. Die Anzeigepflicht soll auch dann gelten, wenn der Steuerpflichtige mithilfe der Beteiligung oder Beherrschung keine oder noch keine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte erzielt.

Im Falle eines Verstoßes gegen die erweiterten Mitteilungspflichten der Steuerpflichtigen soll ein Bußgeld verhängt werden können. Die Steuer-Abteilungsleiter empfehlen, für alle Fälle der vorsätzlichen oder leichtfertigen Verletzung der neuen Mitteilungspflichten den Bußgeldrahmen deutlich - von derzeit bis zu EUR 5.000,00 auf künftig bis zu EUR 25.000,00 - zu erhöhen.


2. Anzeigepflichten für Banken
Da Offshore-Geschäfte regelmäßig über Kreditinstitute - laut den Panama Papers auch über Auslandstöchter deutscher Banken (z. B. in Luxemburg) - abgewickelt werden, soll es eine neue steuerliche Anzeigepflicht für Banken geben. Die Kreditinstitute sollen dazu verpflichtet werden, den Finanzbehörden mitzuteilen, welche Beteiligungen an Briefkastenfirmen oder wirtschaftliche Beziehungen zu Briefkastenfirmen sie vermittelt oder hergestellt haben. Bei Verletzung der Anzeigepflicht soll ein nicht unerhebliches Bußgeld festgesetzt und die Bank in Haftung für etwaige Steuerschäden genommen werden.
 

3. Erweiterte Ermittlungsbefugnisse der Finanzverwaltung
Das sogenannte steuerliche Bankgeheimnis nach § 30a der Abgabenordnung soll aufgehoben werden. Hier geht es ausdrücklich nicht um das zivilrechtliche Bankgeheimnis, das vor Datenweitergabe von Banken etwa an andere Unternehmen schützt.

Künftig sollen einerseits Zufallsfunde bei Betriebsprüfungen von Banken über Geschäftsbeziehungen von Bankkunden zu Briefkastenfirmen von der Finanzverwaltung uneingeschränkt für weitere Ermittlungen ausgewertet werden dürfen. Zudem sollen die Banken - außerhalb einer Betriebsprüfung - bei hinreichendem Anlass zu Auskünften über entsprechende Geschäftsbeziehungen verpflichtet sein.

Außerdem soll das automatisierte Kontenabrufverfahren auf die Ermittlung von Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen ausgeweitet werden. Dann können die Finanzbehörden bei Bekanntwerden von Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen ohne weitere Voraussetzung und insbesondere ohne vorherige Zustimmung des Steuerpflichtigen allgemeine Konteninformationen - wohlgemerkt nur die sogenannten Kontostammdaten, nicht Kontostände - abrufen und damit ermitteln, wer wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos einer Briefkastenfirma ist und ob diese Person zutreffende steuerliche Angaben gemacht hat.

Die nach der Rechtsprechung bereits bestehende Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen soll ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Bei einem hinreichend konkreten Anlass oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen sollen Auskunftsersuchen bei Banken auch für eine Mehrzahl von Fällen zulässig sein. Ermittlungen ins Blaue hinein sollen wie bisher unzulässig bleiben. Außerdem soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber den Finanzbehörden Auskünfte über Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen ohne Einschränkungen leisten können.

Die Banken werden dazu verpflichtet, neben Name und Anschrift künftig auch die Steuer-Identifikationsnummer jedes Kontoführenden und des abweichend wirtschaftlich Berechtigten zu erfassen und aufzuzeichnen.

Darüber hinaus wird geprüft, bei vom Steuerpflichtigen nicht deklarierten Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen eine sogenannte Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist zu schaffen. Das heißt, erst wenn die Anzeigepflichten durch den Steuerpflichtigen vollständig erfüllt wurden, beginnt die Festsetzungsfrist. Die Anlaufhemmung soll dabei auf zehn Jahre begrenzt werden. Bisher müssen Banken bei Auflösung eines Kontos die Daten im Rahmen des Kontenabrufverfahrens nur für die Dauer von drei Jahren zum Abruf vorhalten. Diese Frist soll auf zehn Jahre verlängert werden, um die Aufklärung länger zurückliegender Straftaten zu erleichtern.

Schließlich soll Steuerhinterziehung durch verdeckte Beteiligungen in den Katalog der besonders schweren Steuerhinterziehungen aufgenommen werden. Damit würde auch für diese Begehungsform eine Verjährungsfrist von zehn Jahren für die Strafverfolgung gelten.