Vorsorge für den Ernstfall

Wer regelt meine Angelegenheiten, wenn ich selbst dazu nicht mehr in der Lage bin?

"Man sieht die Sonne langsam untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist." - Franz Kafka -

 

Jeder kann unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand in eine Situation geraten, die es ihm unmöglich macht, selbst Entscheidungen zu treffen oder den eigenen Willen zu äußern. Deshalb ist es umso wichtiger, für solche Situationen bereits in gesunden Tagen vorzusorgen.

In diesem Beitrag informieren wir Sie über die rechtlichen Möglichkeiten zur Vorsorge für den Ernstfall.

Die Verfügungen, die Sie für den Ernstfall treffen, sollten rechtssicher gestaltet und auf Ihre individuelle Lebenssituation angepasst sein. Um im Ernstfall nicht mit unerwarteten Problemen konfrontiert zu werden, ist anwaltliche Beratung empfehlenswert. Die zahlreichen Muster und Formulare im Internet können den Anspruch auf Vollständigkeit, Rechtssicherheit und individuelle Ausgestaltung oft nicht erfüllen.

1. Die Patientenverfügung

Im Rahmen einer Patientenverfügung können Sie Ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben. Sie legen schon jetzt für bestimmte Krankheitssituationen fest, welche ärztlichen Maßnahmen Sie wünschen und welche Sie ablehnen. Die Patientenverfügung greift, sobald Sie in eine Situation geraten, die Ihnen die selbstständige Äußerung Ihres Willens unmöglich macht. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Patientenverfügung jederzeit vollständig oder teilweise geändert werden. Eine Patientenverfügung muss zu ihrer Wirksamkeit schriftlich niedergelegt werden. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Juli 2016 müssen Patientenverfügungen konkreten, durch die Rechtsprechung entwickelten Vorgaben entsprechen. Deshalb sind auch vor dieser Entscheidung niedergelegte Patientenverfügungen zu überprüfen und an die aktuelle Rechtslage anzupassen.

Inhaltlich sollte die Patientenverfügung folgende Eckpunkte umfassen:

  • persönliche Daten wie Name/Vorname, Anschrift und Geburtsdatum
  • genaue Beschreibung der Situationen, in denen die Patientenverfügung Geltung erlangen soll
  • genaue Vorgaben zu den zu ergreifenden oder zu unterlassenden ärztlichen Maßnahmen für die konkreten Behandlungssituationen
  • Wünsche zum Sterbeort und zur Sterbebegleitung
  • Regelungen zur Verbindlichkeit, Auslegung, Durchsetzbarkeit und zum Widerruf
  • Hinweis auf bestehende Vorsorgevollmachten
  • Regelung zur Bereitschaft der Organspende
  • Schlussformel mit Unterschrift und Datum

Die Erstellung einer Patientenverfügung ist gesetzlich nicht verpflichtend, jedoch höchst empfehlenswert. Wenn Sie eine Patientenverfügung erstellen, erleichtern Sie nicht nur den Ärzten in der konkreten Behandlungssituation, sondern auch Ihren Angehörigen die zu treffenden Entscheidungen.

Da die Patientenverfügung jedoch nur Fragen zur medizinischen Behandlung regelt, empfiehlt es sich stets, diese mit einer Vorsorgevollmacht nebst Betreuungsverfügung zu kombinieren.

2. Die Vorsorgevollmacht

Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine andere Person stellvertretend für Sie zu handeln, Verträge abzuschließen und Entscheidungen zu treffen. Die Bereiche, für die die Vorsorgevollmacht gelten soll, können individuell gestaltet werden. Sie kann nur den vermögensrechtlichen Bereich, aber auch die Abwicklung privater Angelegenheiten betreffen.

Der Bevollmächtigte darf nur für Sie handeln, wenn Sie selbst dazu nicht mehr imstande sind. Vorzugsweise sollte eine Person des Vertrauens mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe bedacht werden. Die Vorsorgevollmacht können Sie jederzeit ändern oder ganz aufheben.

Sie werden sich nun fragen, wieso die Notwendigkeit für eine Vorsorgevollmacht besteht. Kann die Familie bzw. der Ehegatte denn nicht automatisch entscheiden? Nein, das ist nicht so. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass für eine Person, die nicht im Besitz einer Vorsorgevollmacht ist und die nicht mehr selbst entscheiden kann, ein Betreuer zu bestellen ist. Dieser wird durch das zuständige Amtsgericht bestimmt und kann durchaus auch ein fremder Dritter sein.

Eine Vorsorgevollmacht sollte schriftlich verfasst werden. Eine notarielle Beurkundung ist zu ihrer Wirksamkeit nicht erforderlich, es sei denn, Sie wollen den Vollmachtnehmer auch zum Kauf oder Verkauf von Grundbesitz ermächtigen. Häufig ist die Aufnahme von Regelungen zum Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer, etwaiger Rechenschaftspflichten und deren konkreter Ausgestaltung sowie die Regelung von Haftungsrisiken empfehlenswert. In den allermeisten Vordrucken fehlen diese Inhalte jedoch.

3. Die Betreuungsverfügung

Die Betreuungsverfügung ist ein Auftrag an das Gericht, eine von Ihnen gewünschte Person zum rechtlichen Betreuer zu bestellen, wenn dies nötig werden wird. § 1896 BGB regelt hierzu, dass dies der Fall ist, wenn Sie infolge einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung rechtliche Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können.

Ein Betreuer vertritt nur in rechtlichen Angelegenheiten, die selbst nicht mehr bewältigt werden können. In einer Betreuungsverfügung haben Sie die Möglichkeit, selbst bereits für den Ernstfall vorzusorgen und eine Person als Betreuer vorzuschlagen. Hält das Gericht die vorgeschlagene Person für geeignet, wird es Ihrem Wunsch entsprechen und die nahestehende Person zum Betreuer bestellen. Auch die Betreuungsverfügung sollte schriftlich verfasst sein und kann mit der Vorsorgevollmacht kombiniert werden. Sie haben die Möglichkeit festzulegen, dass Ihr eingesetzter Bevollmächtigter im Bedarfsfall auch als Ihr Betreuer eingesetzt werden soll. Der Betreuer wird im Gegensatz zum Bevollmächtigten vom Betreuungsgericht überwacht und hat Rechenschaftspflichten zu erfüllen.