BFH: Abfärbewirkung gewerblicher Beteiligungseinkünfte

Einkünfte einer Personengesellschaft gelten entsprechend § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als insgesamt gewerblich, wenn die sogenannte Abfärbewirkung eintritt. Der BFH stellte kürzlich jedoch die Frage nach der Verfassungskonformität dieser „Abfärbung“.

Die Abfärbewirkung bei Berufsausübungsgemeinschaften

Betroffen sind von der Abfärbewirkung auch Berufsausübungsgemeinschaften als Kooperationsformen von Vertragsärzten, -psychotherapeuten oder medizinischen Versorgungszentren.

Entsprechend § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelten Personengesellschaften nur dann nicht als gewerblich, wenn sämtliche Gesellschafter keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Bei originären gewerblichen Einkünften wird die Gesellschaft als insgesamt gewerblich tätig angesehen, d.h. es kommt zu einer Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG). Dies wäre z.B. der Fall bei einer physiotherapeutischen Berufsausübungsgemeinschaft, die auch medizinisches Gerätetraining anbietet. Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG führen auch Einkünfte aus der Beteiligung an einer anderen gewerblichen Personengesellschaft – Beteiligungseinkünfte - zu einer „Abfärbung“. Als Beispiel hierfür wäre eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft, die an einer mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Laborgemeinschaft beteiligt ist, zu nennen.

Das Urteil des BFH vom 06.06.2019 – die Abfärbewirkung in einkommensteuerrechtlicher und gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht

Mit seiner Entscheidung vom 06.06.2019 rückt der BFH die Abfärbetheorie erneut in den Fokus: Infolge der Klage einer Kommanditgesellschaft mit überwiegend Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen und geringen Gewerbeeinkünften aus Beteiligung an einer anderen gewerblichen Personengesellschaft wurde entschieden, dass die Umqualifizierung nicht-gewerblicher Einkünfte durch Beteiligungseinkünfte einkommensteuerrechtlich verfassungsgemäß ist, jedoch die Umqualifizierung nicht dazu führt, dass diese Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG war in der Vergangenheit mehrmals Gegenstand von BFH-Urteilen. Im Urteil vom 27.08.2014 legte der BFH beispielsweise bereits eine Bagatellgrenze von 3 % des Nettogesamtumsatzes bzw. 24.500 Euro absolut fest, bis zu der eine Personengesellschaft nicht als Gewerbebetrieb gilt, auch wenn sie teilweise Einkünfte aus originär gewerblicher Tätigkeit erzielt. Dabei unbeachtet blieb aber die Frage, ob eine Geringfügigkeitsgrenze ebenso bei Beteiligungseinkünften einer Berufsausübungsgemeinschaft besteht.

In einkommensteuerrechtlicher Hinsicht bedarf es laut BFH keiner Bagatellgrenze, sondern die Umqualifizierung nicht-gewerblicher Einkünfte ist hier grundsätzlich zulässig, was unter Umständen sogar steuerrechtliche Vorteile für den Steuerpflichtigen mit sich bringen kann – es können z.B. steuermindernde Rücklagen gebildet werden.

Gewerbesteuerrechtlich aber kommt der BFH zu dem Schluss, dass Personengesellschaften mit Beteiligungseinkünften nicht als Gewerbebetriebe i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG gelten und somit auch nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Ausschlaggebend ist hier, dass Personengesellschaften keine Schlechterstellung gegenüber Einzelunternehmen erfahren sollen. Zudem bestehe im Gegensatz zu originär gewerblichen Tätigkeiten nicht die Gefahr unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass entsprechend § 9 Nr. 2 GewStG ohnehin die Gewinnanteile gekürzt würden, die mit Gewerbesteuer belastet wären.

Ausblick

Für Berufsausübungsgemeinschaften, die einen Zusammenschluss mit anderen gewerblichen Personengesellschaften bilden, ist die BFH-Entscheidung wegen ihrer Grundsätzlichkeit in jedem Fall ein Grund zur Hoffnung. Außer Acht gelassen werden darf dabei jedoch nicht, dass das Urteil nicht konkret zu einer Berufsausübungsgemeinschaft erging. Daher bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.

Quelle: www.bundesfinanzhof.de, BFH Urteil v. 06.06.2019; Pressemitteilung Nr. 46 v. 01.08.2019