BGH: Vereinbarte Chefarztbehandlung darf nicht von anderem Arzt ausgeführt werden

Wer sich einer Operation unterzieht, erteilt regelmäßig eine ausdrückliche Einwilligung in die damit verbundene Körperverletzung. Wird hinsichtlich des ärztlichen Eingriffs vereinbart, dass dieser vom Chefarzt vorgenommen, jedoch sodann vom stellvertretenden Oberarzt ausgeführt wird, ist der Eingriff aufgrund fehlender Einwilligung von vorneherein rechtswidrig. Eine Berufung auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens scheidet insoweit ebenso aus. Dem Patienten steht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 19. Juli 2016, Az. VI ZR 75/15, sodann dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu.

Was war passiert?

Der Kläger litt an einer Erkrankung des Bindegewebes an der linken Hand, weshalb er sich in das neben dem Chefarzt und den stellvertretenden Oberarzt ebenfalls verklagte Klinikum begab. Dort wurde dieser vom Chefarzt untersucht und sodann eine Wahlleistungsvereinbarung mit dem Klinikum geschlossen, in der Chefarztbehandlung vereinbart wurde. Der Kläger wurde sodann stationär aufgenommen und vom stellvertretenden Oberarzt operiert. In die Operation durch diesen hatte der Kläger nicht eingewilligt. Postoperativ stellten sich bei dem Kläger an der operierten Hand erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ein, weshalb dieser gegen die Beklagten unter anderem Schadenersatzansprüche geltend macht.

Die Entscheidungsgründe des BGH

Erklärt der Patient in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen, darf ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen. Ist ein Eingriff durch einen bestimmten Arzt, regelmäßig den Chefarzt, vereinbart oder konkret zugesagt, muss der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn ein anderer Arzt an seine Stelle treten soll. Fehlt die wirksame Einwilligung in die Vornahme des Eingriffs, ist der in der ärztlichen Heilbehandlung liegende Eingriff in die körperliche Integrität rechtswidrig.

Auf den hypothetischen Kausalverlauf bzw. den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, nämlich dass die Operation (möglicherweise) bei einem durch den Chefarzt durchgeführten Eingriff die (genau) gleichen Folgen gehabt hätte, können sich die Beklagten nicht berufen. Sonst wäre das Vertrauen nicht wirksam geschützt, das Patienten in die ärztliche Zuverlässigkeit und Integrität setzen müssen, wenn sie ihre absolut geschützten Rechtsgüter wie Leib und Leben im Verlaufe einer ärztlichen Behandlung zur Disposition stellen.