Digitaler Nachlass – Sterben 2.0

Unser Leben wird immer digitaler. Wir posten bei Facebook, Instagram & Co., verschicken und empfangen WhatsApp- und andere Messenger-Nachrichten, wir haben verschiedene Accounts in Online-Shops, Foren und Communities, Streaming-Portalen und anderen Webseiten.

Was ist das digitale Erbe?

Der „digitale Nachlass“ wird definiert als die Menge an elektronischen Daten, die ein Nutzer im Todesfall auf Datenträgern und im Internet hinterlässt und die in der Regel durch Passwörter geschützt sind. Dazu gehören Social Media Accounts, Online-Konten, E-Mail-Postfächer, Cloud-Speicher, Lizenzen, Chatverläufe, Medien, Kryptowährungen und mehr. Der Umgang mit dem digitalen Erbe stellt ein vergleichsweise neues Themenfeld im Erbrecht dar, das sowohl den Gesetzgeber als auch den Anwender vor ganz neue Herausforderungen stellt. Je aktiver wir die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, desto höher ist der Gestaltungs- und Absicherungsbedarf im Todesfall.

Digitales Erbe: Was kann ich regeln?

Um die Vererbung des digitalen Nachlasses vorzubereiten, muss man sich zunächst überlegen, welche Komponenten der individuelle, digitale Nachlass beinhaltet. Je nach individueller Lage ergeben sich unterschiedliche Ansätze.


Physische Datenträger

Bei physischen Datenträgern ist die digitale Vererbung relativ unkompliziert, da das Eigentum an diesen Vermögensgegenständen an den oder die Erben weitergegeben wird. Sind Festplatten, Geräte und USB-Sticks passwortgeschützt, muss die Weitergabe der Zugriffsrechte sichergestellt und geregelt werden, damit Angehörige auf die darin enthaltenen Daten zugreifen können. Dies können persönliche Dateien wie Fotos und Videos sein, aber auch wichtige persönliche Dokumente oder Datensicherungen betreffend die unternehmerische Tätigkeit.


Social Media

Ob Twitter, Tiktok, Instagram, LinkedIn oder Facebook: Jedes soziale Netzwerk bietet verschiedene Einstellungen für den Fall an, dass ein Nutzer verstirbt. Wenn Sie möchten, dass Ihre Erben sofortigen Zugriff auf Ihre Social-Media-Konten haben, können Sie die Zugangsdaten vorab festlegen und für die Erben speichern. Einige Onlinedienste bieten die Möglichkeit, sogenannte Notfall- oder Sterbefallkontakte zu hinterlegen. Diese Personen werden dann automatisch informiert, wenn ein Account über längere Zeit nicht genutzt wurde.


E-Mail & Cloud-Dienste

Auch hier gilt: Wenn Sie möchten, dass Ihre Erben Zugriff auf Ihr Postfach oder in der Cloud gespeicherte Daten haben, muss die Weitergabe der entsprechenden Passwörter und Zugangscodes sichergestellt sein.

Die Weitergabe im Sterbefall ist auch deshalb sinnvoll, weil mit dem Zugriff auf das Postfach in der Regel auch die Möglichkeit verbunden ist, Passwörter von anderen Online-Konten zurückzusetzen. Damit haben Ihre Erben etwa die faktische Möglichkeit bestehende Mitgliedschaften und Abonnements zeitnah zu beenden.

Laufende Verträge mit E-Mail- und Cloud-Anbietern können aber ohnehin gekündigt werden, wenn die Erben eine Kopie der Sterbeurkunde und ggf. eines Erbscheins vorlegen. Die Verträge enden dann in der Regel mit dem Ableben des Nutzers.


Online-Konten

Wer Online-Konten oder Wertpapierdepots besitzt, erbt auch diese mit dem Tod des Nutzers. Schwierigkeiten können auftreten, wenn die Bank im Ausland sitzt. Hier eine Erbberechtigung glaubhaft zu machen, insbesondere im nichteuropäischen Ausland, kann unter Umständen einen erheblichen Aufwand bedeuten. Seit der EU-Erbrechtsverordnung gibt es die Möglichkeit, eine Rechtswahl zu treffen, die dann auch gegenüber Drittstaaten gilt.

Bei PayPal ist eine Kontoauflösung nur möglich, wenn PayPal-Konten keine klassischen Bank- oder Girokonten sind und keine regulären Einzugsermächtigungen und Daueraufträge beinhalten. Das PayPal-Guthaben ist jedoch Teil des monetären Eigentums des Verstorbenen und damit seines digitalen Erbes. Wenn die Zugangsdaten des Verstorbenen bekannt sind, kann PayPal kontaktiert werden, um sich als berechtigter Erbe auszuweisen. PayPal fordert die erforderlichen Dokumente als Nachweis an, bevor das Konto geschlossen wird. Zuvor sollte ein etwaig vorhandenes Guthaben auf ein anderes Konto transferiert werden.


Bitcoin und andere Kryptowährungen

Die steuerliche Behandlung von Bitcoins und anderen Kryptowährungen ist nur punktuell geregelt. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind sie seit 2015 von der Mehrwertsteuer befreit. Für den digitalen Nachlass gibt es entsprechende Regelungen oder höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht. Die Tendenz geht dahin, dass diese Konten des Erblassers an den oder die Erben oder an die Person/en übertragen werden, die in der testamentarischen Verfügung diesbezüglich bedacht wurden. Unterm Strich heißt das: Wer die Zugangsdaten hat, gelangt auch an das Vermögen. Doch nicht jeder Nutzer ist mit dem Thema Bitcoin & Co bestens vertraut, um bewusst und effizient damit umzugehen.

Vererbt werden nicht die in der Blockchain gespeicherten Transaktionsdaten, sondern lediglich der kryptografische Schlüssel ("Crypto Private Key"), der dem Besitzer Zugriff zu seinem "Crypto Wallet" gewährt. Hat der Erblasser den „Crypto Private Key“ irgendwie physisch gespeichert, beispielsweise auf einem USB-Stick, Tablet oder ähnlichem, wird er im Rahmen der Erbschaft an den Erben weitergegeben. Wird der „Crypto Privat Key“ in einem Onlinewallet (z.B. einer Kryptobörse) gespeichert, tritt der Erbe in die Vertragsbeziehung mit dem Wallet-Anbieter ein. Der Erblasser hatte gegenüber dem Anbieter einen Anspruch auf Zugriff zur „Crypto Wallet“. Hier wird anhand realer Umstände sichergestellt, dass der „Crypto Key“ auch den Erben zur Verfügung steht, oder die Erben zumindest wissen, wie sie an diesen gelangen.

Wenn Sie Bitcoins oder andere Kryptowährungen besitzen, wird dringend empfohlen, sich selbst um den Nachlass zu kümmern und zumindest einen dedizierten Erben in diese Thematik einzuweisen. Aufgrund starker Kursschwankungen können Kryptowährungen im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung zu einer echten Steuerfalle werden, da im Erbschaftsteuerrecht ein strenges Stichtagsprinzip gilt. Auch hier kann durch entsprechende Regelungen im Testament Vorsorge getroffen werden.

Digitalen Nachlass im Testament regeln

Aufgrund des besonders ausgeprägten Bedürfnisses nach Rechtssicherheit empfiehlt es sich, auch Regelungen zum digitalen Nachlass in die testamentarische Verfügung aufzunehmen.

Hier sollten auch alle Zugangsdaten angegeben werden, die für bestehende Accounts und Konten gelten. Es empfiehlt sich, diese Zugangsdaten in einer Anlage zu verschriftlichen. Da sie sich jederzeit ändern können, muss so nicht bei jeder Änderung sogleich auch die testamentarische Verfügung geändert werden. Ein alternativer Weg wäre die Mitteilung eines Master-Passwortes, mit dem die Erben Zugriff auf eine Zugangsdatenliste erhalten. In einem Testament kann festgelegt werden, dass nur bestimmte Personen Zugriff auf die Daten haben sollen.

Löschen und Aktualisieren

Wenn Sie Ihren Angehörigen das Leben erleichtern möchten, sollten Sie Ihren Nachlass von Zeit zu Zeit sichten und überprüfen. Sind Passwörter und Konten noch aktuell? Außerdem ist es wichtig, regelmäßig jene Inhalte zu entfernen, die man nach dem Ableben seinen Erben vielleicht nicht zumuten möchte.

Wie kann ich den digitalen Nachlass regeln?

Wir empfehlen grundsätzlich die Erstellung einer testamentarischen Verfügung nebst korrespondierender Vollmachten, die auch Regelungen zum digitale Erbe enthalten. Außerdem empfiehlt sich die Erstellung einer Liste samt aller Passwörter und Zugangsdaten, ggf. gesichert durch ein Masterpasswort.

Die sichere Hinterlegung ist ein zusätzlicher Service für unsere Mandanten, um den Schutz vor Zugriff auf diese sensiblen Daten durch Dritte zu vermeiden.

Wenn Sie hierzu Beratungsbedarf haben, kommen Sie gern auf uns zu.